Landesverband der Film-Autoren Baden-Württemberg e.V.

Zum Tod von Bernhard Lindner

Gedenken an Aktive des Landesverbands

Trauer um ein langjähriges und engagiertes Mitglied

Bernhard Lindner

Der Landesverband der Filmautoren Baden-Württemberg wie auch der BDFA trauern um ein langjähriges und sehr engagiertes Mitglied.

Bernhard Lindner starb am 21. April 2024. Er wurde 76 Jahre alt.

Seine Stationen im Landesverband und BDFA

  • Am 01.07.1974 wurde er Mitglied beim Film Amateur Club Esslingen e.V. und im BDFA. Er blieb dort Mitglied bis zum 30.6.2015. Der Film Amateur Club Esslingen löste sich zum Jahresende 2015 auf.
  • Parallel dazu war Bernhard Lindner seit 1974 Mitglied beim BSW Filmclub Stuttgart (BSW = Bundesbahn Sozial Werk). Er war dessen Vorsitzender seit 1990 und leitete die Geschicke des BSW bis zu dessen Auflösung am 31.12.2022.
  • Vom 01.01.2023 bis 31.03.2023 Mitglied beim Filmclub Friedrichshafen e.V. und Mitglied beim LVBW.
  • Seit 1978 Juror, Juryleiter und Gesprächspartner bei nationalen und internationalen Filmfestivals (u.a. UNICA 1989 Baden-Baden (D), UNICA 1996 Almelo (NL), UNICA 2004 Veitshöchheim (D), UNICA 2010 Einsiedeln (CH), UNICA 2017 Dortmund (DE), BRNO, IDAF, FISAIC).
  • Von 1981 bis 1997 bekleidete Bernhard Lindner das „Juryreferat“ beim LVBW.
  • Von 1997 bis 01.03.2020 Vizepräsident Wettbewerbe, Jury und nationale Kontakte, Protokollführer des BDFA-Vorstandes und Leiter der Einspruchsstelle des BDFA.
  • Seit 2015 Vizepräsident der UNICA.
  • Bernhard Lindner wurde im Rahmen der DAFF 2017 mit der UNICA-Medaille für besondere Leistungen insbesondere seine Jurytätigkeit ausgezeichnet.

Sein Wirken und seine Bedeutung

Jurygespräche mit Bernhard Lindner waren immer eine große Bereicherung, er war nie mit einer einfachen Aussage, wie „der Film hat mir gefallen“ zufrieden. Nein, er suchte gemeinsam mit den Juroren nach tieferen Inhalten des zu besprechenden Filmes, heute würde man diesen tieferen Inhalt auch als Metaebene bezeichnen. Er war stets bereit, in den Gesprächen ‚um die Ecke zu denken‘; so waren verklausulierte Filmtitel ein echter Ansporn für ihn, den Film zu durchleuchten. Diese Kunst, sich Filmen weniger über die eingesetzte Technik, als über den Inhalt zu nähern, beherrschte er auf eine ganz eigene Art. Wenn eine Filmbesprechung zu technik-lastig wurde, löste er solche Diskussionen gerne mit folgender Aussage auf: „Wen interessiert mit welcher Schreibmaschine ein Autor einen Bestseller-Roman geschrieben hat?“
Dies war typisch Bernhard Lindner, immer konzentriert auf den Inhalt und die Kreativität, die ein Film-Autor in sein Werk einfließen ließ. Dies erklärt auch, warum ihn fiktionale oder experimentelle Filme ganz besonders interessierten. Sein jährliches Highlight war das BDFA Bundesfilm-Festival „FANTEX“, welches über viele Jahrzehnte im LVBW seine Heimat hatte. Bei diesem besonderen Filmfestival liefen Fantasie-, Experimental-, Trick-, Animations-, Stimmungsfilme und Video-Clips. So gesehen war dies das kreativste Filmfestival des BDFA, bei dem der große Ideenreichtum der Film-Autoren ein aufgeschlossenes Podium fand. Die Filmbesprechungen kannten kaum eine Zeitbeschränkung und als Zuhörer war man wirklich gefordert, der Gesprächsrunde zu folgen.
Im Landesverband der Film-Autoren Baden-Württemberg wurde im Herbst 1985 für das elektronische Medium „Video“ ein eigenständiges Landesfilm-Festival eingeführt, die „Videografika“. Dieser ‚neue‘ Filmwettbewerb wurde gleichermaßen auch eine Spielwiese für neue Formen der formalen Filmbesprechung, mal saßen die Juroren bei der Besprechung im Publikum, mal an Stehtischen oder gemütlich und relaxed in Couch-Sesseln. Eine wahre Wonne waren die so genannten ‚Nächte der langen Messer‘. Diesen Filmnächten waren besondere Filme vorbehalten, mal inhaltlich oder aber auch Filme, die von der ’normalen‘ Laufzeit abgewichen sind. Diese Filme fanden in Bernhard Lindner einen kongenialen Jury-Verantwortlichen, der mit großer Freude und wahrem Herzblut diese Werke in den Nachtstunden gemeinsam mit den Juroren analysierte.
Wie schon gesagt, stand bei Bernhard Lindner der Filminhalt über allem, auch wenn es um dokumentarische Filme ging. Großen Respekt zollte er in den Jurybesprechungen den Naturfilmern und er fand für die Naturfilm-Autoren ein besonderes Prädikat, gerne sprach er von den ‚Dickbrettbohrern‘. Wir wissen doch, ein Naturfilm entsteht nicht einfach so nebenbei. Nein, neben dem ganzen Wissen um das Thema gehört ein immenser Zeitaufwand zur Realisierung.
Bernhard Lindner verstand es wie kein Zweiter, dem Publikum die Filminhalte mit seinen Stärken und Schwächen verständlich nahe zu bringen. Es blieb ihm nicht verborgen und er ließ sich auch nicht beirren, wenn ein Film mit einem ‚aufgemotzten‘ und bombastischen Titel eröffnet wurde, aber der Filminhalt der gesetzten Erwartungshaltung nicht Stand hielt. Das Gleiche galt bei einem zu optimistischen Musikeinsatz.
Abschließend darf man sagen, dass Bernhard Lindner mit seiner Arbeit als Juror, Gesprächspartner und Funktionär für den Amateurfilm sehr prägend war und viele Film-Autoren, wenn sie genau hingehört haben, viel von ihm lernen konnten.
Der Landesverband Baden-Württemberg und seine Mitglieder schauen mit Dank zurück auf einen prägenden Mann, der das Jurywesen im Landes- wie auch im Bundesverband auf besondere Art gepflegt hat. Mit ihm hatten wir das Gefühl, ein Teil des kreativen Mediums „Film“ zu sein.

Walter Reichhart
1. Vorsitzender des LVBW

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