Landesverband der Film-Autoren Baden-Württemberg e.V.

Text und Ton zum Film

Seminar-Ankündigung

Seminar am 21. Oktober 2023 in Esslingen-Mettingen

Der Beifall war verdient – 40 Teilnehmer hatten der Referentin Antje Müller zugehört, wie sie anhand eigener Filmbeispiele viel Lehrreiches zum Thema „Text und Ton zum Film“ vortrug. Es war natürlich viel Bekanntes dabei. Doch wenn man am PC vor dem eigenen Filmschnitt sitzt und brütet, wird das Selbstverständliche oft vergessen oder übersehen.

Soll ich auf Text und Ton bei einem Film verzichten? Nein: es würde den Zuschauer irritieren; wahrscheinlich würde er den richtigen Knopf suchen, um die Lautstärke einzustellen.

Der Rote Faden

Filme erzählen eine Geschichte, d.h. sie brauchen den berühmten Roten Faden, damit die Zuschauer die Erzählung verstehen können. Aber wie spinne ich einen solchen Faden? Ich kann den Film chronologisch aufbauen, das ist für den Zuschauer einfach zu verstehen, wirkt aber oft langweilig. Es ist dann nur eine lineare Abfolge von Bildern, dekoriert mit Beiwerk – dem Ton.

Oft ist es besser, mitten in der Geschichte einzusteigen und allmählich über die Details zu berichten. Frau Müller betonte, dass auch bei ihr manche Idee erst reifen muss. Oft ist es besser, ein Thema erstmal liegen zu lassen, irgendwann erneut aufzugreifen, das Material wiederholt durchzusehen. Meistens findet sie dann eine neue Wendung, einen neuen „Dreh“ für die Geschichte und die erweist sich dann als überzeugend.

Der Text

Der Text ist Begleitung zum Bild; er soll nicht das Bild beschreiben, sondern soll eine Geschichte erzählen, er soll Informationen liefern, die über das Bild hinausgehen. Wichtig sind verständliche, kurze Sätze.

Ich kann dazu einen Moderator einsetzen, der die Erzählung kommentiert, sie begleitet und damit durch die Thema führt.

Oder ich lasse die Geschichte durch einen oder mehrere Protagonisten erzählen. Notwendig ist dabei, zuerst das notwendige Vertrauen aufzubauen, Respekt und ehrliches Interesse gegenüber der Motivation des Protagonisten zu zeigen. Frau Müller, Redakteurin beim SWR, betonte, dass das Team des SWR nicht immer mit offenen Armen empfangen wird, das Vertrauen der Leute muss erst erarbeitet werden. Manchem Filmer aus der Zuhörerschaft ist es durchaus vertraut, dass sie nicht immer willkommen sind. Sie müssen sich interessiert zeigen, sich auf das Thema vorbereiten, Vorgespräche vereinbaren.

Der Protagonist

Mit offenen Fragen wird der Protagonist geführt, er soll erzählen was er macht, wie er es macht, warum er von seinem Hobby so begeistert ist, warum er dafür seine Freizeit opfert. Wenn ich die Leute reden lasse, wirkt die Geschichte authentisch, der Protagonist lässt seine Begeisterung spüren – wenn ich Glück habe und den richtigen Protagonisten, der nicht mundfaul sein sollte, aber den Interviewer auch nicht mit einem Redeschwall zuschüttet. Bei einem solchen Vorgehen bleibt der Kommentar eher allgemein, er beschreibt das Thema, der Protagonist erklärt die Details, er hat das Fachwissen, die Kompetenz.

Von zehn solcher Beiträge kann ich dann nur ein bis zwei verwenden. Aber wer von den Filmern kennt nicht diese „Verschwendung“ von tollen Clips, von Schnappschüssen, von Aufnahmen mit grandioser Perspektive – die aber nicht in die Geschichte passen?

Einsatz von Musik

Mit Musik kann ich Szenen trennen, ich kann mit ihr dem Film zu einem Rhythmus verhelfen, Musik kann die Filmhandlung bestimmen – ist sie lustig oder gefährlich, sie kann die Empfindungen des Protagonisten unterstreichen, „sie kann ein Lächeln auf den Lippen des Zuschauers erreichen“!  Und ganz wichtig, Musik kann auch falsche oder fehlende Einstellungsgrößen kaschieren.

Frau Müller zeigte noch, was mit Musik weiterhin machbar ist. Gekonnter Wechsel verändert die Atmosphäre, ein neuer Rhythmus betont eine Szenenfolge, ein verstummen der Musik löst Emotionen aus.

Der O-Ton

Geräusche, Atmosphäre, Sound unterstützen die Wirkung eines Films, sie geben den Zuschauern das Gefühl, live dabei zu sein. Tongestaltung kann auch bedeuten, den O-Ton zu verstärken, mit Echo zu versehen, noch eine weitere Klangebene darüber zu legen.  Wenn passend, sollte ich die originalen Geräusche verwenden, falls nicht oder falls störende Hintergrundgeräusche vorhanden sind, sollte ich die Atmo nochmals separat aufnehmen oder auf ein Geräuscharchiv zurückgreifen.

Allgemeines

Frau Müller hatte noch einige hilfreiche Tipps:

  • es ist immer gut, wenn Sie einem „Filmfremden“ den Film einschließlich Kommentar und Ton vorführen; er sollte ihn verstehen. Falls nicht, dann stimmt etwas nicht.
  • erzählen statt quälen: sprechen Sie den Kommentar so, als ob Sie es einem Gegenüber erzählen würden
  • sprechen Sie im Stehen; atmen Sie ohne hörbares Luftschnappen, wenn die Puste ausgeht
  • Entspannungsübungen helfen Ihnen, den Text besser zu sprechen

Waltraut Kruse
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit im Landesverband

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